Nun sitzen wir am schönen Strand des Lake Malawi in Chitembe und sollten uns doch freuen, hier nach der langen Reise gesund und heil angekommen zu sein. Es ist jedoch anders. Mit der Kenntnis über die von der malawischen Polizei blutig beendeten Demonstration, die am 20. Juli in Mzuzu, nur knapp 30 Kilometer von unserem Standort entfernt, neun Menschenleben kostete, liegt ein Schatten über unserem Aufenthalt.
Es gibt seit Januar offiziell keinen Diesel und die Versorgungslage scheint auch nicht mehr die beste zu sein. Und solange auch keine Besucher und Touristen hier in den Norden kommen, können die zum Teil recht verlassen wirkenden Ferienanlagen nicht wirklich von einer Hochsaison sprechen. Aber was wissen wir schon wirklich über das Land Malawi..
Der Malawi-See wiederum gibt sich in Chitembe wirklich redlich Mühe, uns den feinen Sandstrand schmackhaft zu machen. Dennoch machen wir uns am zweiten Malawi-Tag auf den beschwerlichen Weg über die 15 Kilometer lange, steinige und unverschämt steile Serpentinenstraße zur Livingstonia Mission hoch oben auf dem Plateau, um der Hitze zu entkommen. Die wilde Hilde und Susi am Steuerrad müssen alles geben, um auf der schmalen Piste nicht vom Weg abzukommen.
A propos richtiger Weg: Die heute noch aktive Mission entstand als Werk eifriger Missionare aus Schottland, die sich Ende des 19. Jahrhunderts nach der Erkundung durch Meister Livingstone sofort auf den Weg zur Bekehrung machten. Wir fahren durch das fruchtbare Hinterland wieder hinab in Richtung See und sind froh, die 70 Kilometer dann doch in 3,5 Stunden geschafft zu haben.
In Mzuzu scheint alles normal, wir gönnen uns auch nur einen kurzen Stopp zum Geldziehen, da wir noch im Hellen die Küste in Chintheche erreichen wollen.
Große Kautschukplantagen säumen den Weg, an dem viele Jungs Gummibälle verkaufen und uns zum Kauf eines Exemplares animieren. Wir können berichten, dass ein Kautschukball ganz ordentlich nach Gummi riecht – laut Susi „stinkt“.
Wir erreichen die Nkhwazi Lodge im Dunkeln und haben auf der schönen Anlage, von der wir zwar nichts sehen, jedoch viel erahnen können, alle Uferplätze zur Auswahl. Wir wählen unseren Platz ganz vorn 🙂
Susis Begegnung im Dunkeln mit dem Besitzer Jim ist außergewöhnlich und passt irgendwie auch zu unserem gegenwärtigen Malawi-Blues…
Der unterwegs erworbene Malawi-Fisch verhält sich auf dem Grillrost absolut ordnungsgemäß und ist zusammen mit Carlsberg Green ein guter Abendbegleiter.
Auch der einäugige Lodge-Hund (Wachhund?) freut sich…
Erst am nächsten Morgen können wir die wirklichen Dimensionen der Lodge und dessen Besitzers erkennen. Während das Personal sich redlich Mühe gibt, alles aufrecht zu erhalten, hat Jim „seinen“ Kampf aufgegeben. Seit den Folgen eines unverschuldeten Unfalls stark gehbehindert ist bei ihm nach weiteren privaten Nackenschlägen die starke Verbitterung über das Leben zu spüren. Wir lernen einen sehr interessanten Menschen voller Ironie und Sarkasmus kennen, der dieses Land liebt und bereit ist, bis zum Ende zu bleiben. Die Ausmaße der aktuellen Krise hat er in den über 20 Jahren seines Aufenthalt noch nicht erlebt. Die Nkhwazi Lodge steht zum Verkauf; hätten wir das nötige Kleingeld, würden wir sofort hierbleiben!
Auch sein Nachbar Gernot aus Wien, von Jim liebevoll „the german“ genannt, hat dieses Fleckchen Erde nach vielen Jahren der Afrika-Erkundung als neue Heimat gefunden. Er kam gerade vom Deutschland-Besuch zurück und hat für Jim ALDI-Wurst mitgebracht, na ja… Wir gönnen uns am Strand ein eintägige Auszeit und erfreuen uns am Nichtstun, wobei Wäsche waschen jaaaa sooo anstrengend sein kann 🙂
Weiter der Malawi-Küste südlich entlang durchfahren wir bei schwachem Verkehr viele kleine, mit vielen Menschen besetzte Dörfer und Siedlungen.
Die Menschen, klein wie groß, winken uns freundlich zu und sind sichtlich erfreut, wenn auch etwas an Reaktion zurückkommt. Unsere Malawisch-Kenntnisse jedoch bewegen sich weiter auf bescheiden niedrigem Niveau – das ist der Tribut für das inzwischen sechste afrikanische Land, puh..
Schnappschuesse von unterwegs…
In der netten Pottery-Lodge, die es gleich an drei Standorten in Malawi gibt, finden wir südlich von Nkhotakota wieder ein schönes Plätzchen, direkt am Strand gelegen.
Nichtsahnend darüber, dass sich der Himmel über dem See so merkwürdig verdunkelt, haben wir noch unser Strandlagerfeuer genossen und haben uns auf die lauschige Nacht in der Donnerkuppel gefreut – Denkste !
Bereits gegen Mitternacht kam ein heftiger Wind auf, der den Befestigungsgummi der Aussenbefestigung des Dachzelts reißen ließ. Um größeren Schaden zu vermeiden, haben wir uns zum Abbau der Kuppel und Rückzug in das Wageninnere entschlossen. Ein weiser Entschluss, denn von Nachtruhe konnte keine Rede sein. Der hohe Wellengang am Morgen zeigte den Malawi-See auch einmal von einer anderen, eher ruppigen Seite.
Die unruhige Nacht in den Knochen machten wir uns auf zum Cape MacLear, ein an der Südspitze gelegenes Naturparadies – aber erst nachdem wir mit spitzem Bleistift die Kraftstoffkalkulation durchgeführt hatten. Mit den Ikea-Burschis Marcus & Emil standen wir ja auch noch im Kontakt und so führte uns die „Straße der Baobabs“ zum Ziel. Unterwegs trafen wir in der Mua-Mission, die in dem Ngoni Craft Centre wunderschön gearbeitete Schnitzereinen anbietet, noch auf wilde Tiere….
Immer schön untertourig im 5. Gang unterwegs, trafen wir in der traumhaft gelegenen Bucht des Dörfchens Chembe ein, das eine Enklave (Exklave?) des Lake Malawi Nationalparks bildet, und haben im Eagles Nest ein schönes Plätzchen gefunden. Hier lassen sich ausnahmsweise auch mal Sonnenuntergänge am Lake Malawi genießen, was die Partystimmung in dieser Backpacker-Hochburg auch erklärt.
Marcus & Emil haben wir dann auch tatsächlich unter großem Hallo (wieder..) getroffen.
Kleine Anekdote:
Zusammen mit unseren Camp-Nachbarn namens Riederer (aus Hamburg) haben wir beim Einchecken auf den Namen Rieder den Manager schon schwer irritiert- vor lauter Riederererer. @Uli: Ich glaube ein paar Biere gingen auf euren Zettel 😉
Unseren Ausspann-Tag verbrachten wir mit einer ganztägigen Wanderung durch die Bucht bis zum Otter Point (wir haben auch Otter gesehen) und der legendären Paddel-Rückfahrt per Einbaum. Was haben die Locals gelacht – wahrscheinlich darüber, dass der dickste Mann in der Mitte saß und dazu noch ein Muzungu. Susi machte sich als malawische Gallionsfigur hervorragend und gab frühzeitig Warnsignale von sich („Immer schön langsam rudern“). Der Mittelmann hatte nach der einstündigen Paddellektion jedenfalls ne Menge Durst…
Wir verlassen diesen schönen Ort nur ungern, aber das schöne (und kalte!!) Hochland von Dedza ruft. Nehmen M&E bis Dedza noch bis Dedza mit und,..mal sehen, ob wir uns nicht in Sambia noch einmal treffen. Der letzte Blick auf den Lake Malawi vom 2.000 Meter hohen Escarpment fiel dann doch wehmütig aus.
In Dedza jedenfalls traf uns wieder einmal die afrikanische Haerte – es war nachts schweinekalt!
Mit dem heutigen Tag am 03. August haben wir Malawi über den Grenzübergang bei Minchji verlassen und wünschen diesem freundlichen und symphatischen Volk eine bessere Zukunft. Bei der Durchquerung von Lilongwe, der politischen Hauptstadt Malawis, haben wir lange Autoschlangen vor den Tankstellen gesehen und auch zum ersten Mal kleine bewaffnete Patroullien des Militärs bzw. Polizei.
Für den 17. August ist ein Großkundgebung der politischen Opposition angekündigt, mit der weitere Übergriffe von seiten des Staates gegen seine eigenen Bürger zu erwarten sind.
Mit der Ankunft im sambischen Chipata öffnete sich, so blöd das auch klingen mag, das Füllhorn an Waren und Goodies, was wir mit einem Großeinkauf bei Shopprite (Brötchen und Geflügel-Fleischwurst!!) und dem Nachfüllen von Gas (endlich) und Diesel (für 710.000 KWA) genutzt haben. By the way haben wir am Geldautomat 1 Million sambische Qutschas (Währung Kwacha: 1 Euro = rd. 7.000 KWA) gezogen. Uns geht es gut, wenngleich wir im Bewußtsein der letzten 3 Wochen unserer Reise schon anfangen zu rechnen..